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Rente mit 67, drohende Altersarmut und die Würde des Menschen im Ruhestand ein Kommentar des CGB Generalsekretärs

Rente mit 67, drohende Altersarmut und die Würde des Menschen im Ruhestand ein Kommentar des CGB Generalsekretärs

Ausgangspunkt der gesellschaftlichen Diskussion um die Rentenentwicklung in Deutschland ist letztlich die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Diese erscheint aufgrund bestimmter gesellschaftlicher Parameter zumindest nachvollziehbar. Dank immer besserer medizinischer Versorgung und insgesamt gesünderer Lebensweise ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland deutlich gestiegen. Das bedeutet selbstverständlich auch einen deutlich längen Rentenbezug. Hinzu kommt ein Missverhältnis im Generationenvertrag dergestalt, dass das Verhältnis zu Menschen im Arbeitsleben und Menschen im Rentenbezug immer ungünstiger wird, somit immer weniger Beitragszahler Rentenempfänger versorgen müssen.

Diese gesellschaftliche Entwicklung lässt sich nicht weg diskutieren, die Frage muss vielmehr sein, wie unsere Gesellschaft damit umgeht. Die Bundesregierung hatte sich dafür entschieden dieser Problematik mit längerer Lebensarbeitszeit zu begegnen, was zumindest in der Theorie durchaus logisch und sachlich begründet war. In der Praxis aber stellten und stellen sich massive Probleme auf dem Arbeitsmarkt. Zum einen ist es generell nicht einfach bis zum 67 Lebensjahr im Arbeitsverhältnis zu bleiben. Die Beschäftigtenquote der über 60 – jährigen ist in den vergangenen Jahren zwar gestiegen, aber  mit um die 38 % dennoch vergleichsweise niedrig. Der Anstieg ist zudem im Wesentlichen wohl dem aktuell immer drückender werdenden Fachkräftemangel geschuldet, somit langfristig gesehen sicher nicht von Dauer. Zum anderen gibt es Berufsbilder, die hohe körperliche Beanspruchungen mit sich bringen, etwa der viel zitierte Dachdecker, aber auch Kranken- und Altenpflegeberufe und Tätigkeiten im Metallhandwerk. Viele Beschäftigte in diesen Berufen konnten aufgrund körperlicher Belastung noch nicht einmal bis zum 65. Lebensjahr arbeiten, wie sollen Menschen in diesen Berufen nun bis zum 67. Lebensjahr arbeiten?

Eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit ohne die gleichzeitige Möglichkeit auch eine angemessene sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben, kommt aber einer verdeckten Rentenkürzung gleich. Diese Entwicklung ist aber für einen Menschen, der in seinem Arbeitsleben mehr als 40 Jahre gearbeitet und Beiträge entrichtet  hat mehr als würdelos.

Dass diese Entwicklung in ihrer letzten Konsequenz nicht in die richtige Richtung geht, hat auch die Bunderegierung erkannt und mit Modellen wie Kombirente und Zuschussrente Systeme angedacht, die finanzielle Entlastungen bringen sollen.

Durchaus positiv ist die Überlegung der Kombirente mit den Elementen Teilverrentung und gleichzeitiger sozialversicherungspflichtiger (Teilzeit-)Beschäftigung, die in ihrer geplanten Ausgestaltung, insbesondere bei der deutlichen Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen die Überlegungen der Altersteilzeit integriert. Wenn aufgrund der Struktur eine längere Lebensarbeitszeit unumgänglich ist, Beschäftigung in Vollzeit jedoch nicht immer sichergestellt werden kann oder aufgrund körperlicher Belastung nicht möglich ist, ist ein kombiniertes Modell die sachgerechteste Lösung, die allen Belangen am ehesten Rechnung trägt. Dieser Ansatz ist bereits bei den Altersteilzeitmodellen positiv gewesen.

Die Zuschussrente hingegen erweist sich sowohl in der Ausgestaltung als auch insbesondere in der Höhe als unzureichend. Der Grundgedanke,die Rente für Menschen die trotz mehr als 40 jährigem Arbeitsleben aufgrund geringer Rentenanwartschaften eine Rente erhalten, die deutlich unter 800,- Euro liegt, aufzustocken, ist selbstverständlich gut und richtig.  Insofern ist auch die von der Bundesregierung angedachte Aufstockung vernünftig. Dass die Aufstockung aus Steuermitteln finanziert werden soll, mag systemisch im Hinblick auf die Finanzierung der Rente an sich nicht korrekt sein, ist aber aus unserer Sicht vernachlässigbar. Nicht haltbar ist aber, dass die Aufstockung auflediglich 850,- Euro erfolgen soll.

Ist dies im Hinblick auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten ausreichend? Ist dies unter Berücksichtigung eines ganzen Arbeitslebens ausreichend? Aus unserer Sicht klar nein.

Es sind inzwischen eben nicht mehr nur Menschen mit Beschäftigungen in den sogenannten klassischen Niedriglohnsektoren, wie etwa Floristen oder Friseure von geringen Renten betroffen. Auch Tätigkeiten in Berufen, die während des Arbeitslebens ein adäquates Auskommen ermöglichen, wie etwa die klassischen Verkäufer/innen oder Sekretariatskräfte erwerben inzwischen so geringe Anwartschaften, dass im Rentenbezug staatliche Unterstützung in Anspruch genommen werden muss und je nach persönlicher Lebensentwicklung Armut droht. Auch die private Vorsorge kann hier kaum helfen, da Menschen, die mit ihrem Einkommen gerade so auskommen unserer Erfahrung nach gerade kein Geld übrig haben, um die private Altersvorsorge in finanzieller Hinsicht so zu gestalten, wie es die Bundesregierung angedacht hatte. Diese Situation trifft aktuell vorwiegend die Menschen in den neuen Bundesländern.

Wenn die Bunderegierung also völlig zurecht die Notwendigkeit erkennt, dass niedrige Renten auch mit der Begründung, dass ein mehr als 40 jähriges Arbeitsleben  angemessen honoriert werden muss, aus Steuermitteln ausgestockt werden, dann darf es sich nicht nur um ein kaum spürbares Almosen handeln. Wenn einem Menschen in Deutschland eine Rente gewährt werden soll, die seine Arbeitsleistung und damit vor allem seine Leistung für die Gesellschaft über mehr als 40 Jahre angemessen berücksichtigt, darf diese Rente einen Mindestbetrag von 1000,- Euro nicht unterschreiten. Ein Gesellschaft wird nicht nur daran gemessen, wie sie ihre Kinder behandelt, sondern auch daran, wie sie mit denjenigen umgeht, die durch ihre Lebensarbeitszeit die Gesellschaft gestaltet, geprägt und über ihre Steuern und Beiträge auch finanziert haben. Es ist Aufgabe der Gesellschaft, im Ruhestand etwas davon zurückzugeben und damit auch der Würde des Menschen im Alter durch einen angemessenen Mindeststandard Rechnung zu tragen.

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Gedruckt am 20.04.2024 15:14.