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Stellungnahmen

CGB und GÖD setzen sich in Brüssel beim CESI-Berufsrat Justiz gegen die Privatisierung im Bereich der Justiz ein.

Arbeitstreffen des CESI Berufsrates Justiz am 30.05.2012 in Brüssel

CESI Berufsrat macht die Privatisierung der Justizvollzugsanstalten, Auslage-rungen von Tätigkeiten der Justiz und die elektronische Fußfessel zum Gegenstand ihres Arbeitstreffens in Brüssel

Von Nico Caló, Berichterstatter des CGB bei der CESI

weiterer Bericht unter: http://www.cesi.org/news/2012/120601_trade_council_justice.html

Gegenstand des diesjährigen Arbeitstreffens in Brüssel war die Privatisierung der Justizvollzugsanstalten und die Auslagerung von Tätigkeiten der Justiz. Ferner wurde über die elektronische Fußfessel im Strafvollzug berichtet. Schließlich hat der Berufsrat Justiz sein Aktionsprogramm besprochen um weitere Akzente gegenüber der EU-Kommission, dem Rat und Parlament zu setzen. Denn zur Verringerung des Haushaltsdefizits in den
EU–Mitgliedstaaten gibt es Überlegungen aus den EU-Mitgliedstaaten und der Kommission zu Auslagerungen und Privatisierungen im Justizbereich.

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Von links: Mark Freeman(Präsident Berufsrat Justiz), , Nico Caló (CGB Berichterstatter) Klaus Heeger ( CESI Generalsekretär)

Am 30.05.2012 fand in Brüssel das diesjährige Treffen des Berufsrates Justiz der Europäi­schen Union unabhängiger Gewerkschaften (CESI) statt. Der CGB (Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands) ist Mitglied der CESI und dort im Berufsrat Justiz durch Nico Caló vertreten. Der Berufsrat Justiz setzt sich aus 10 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zusammen und trifft sich unter dem Vorsitz von Mark Freemann (Großbritannien) zu regelmäßigen Arbeitstreffen in Brüssel.

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Teilnehmer/innen aus 10 Mitgliedstaaten der EU beim CESI Berufsrat Justiz am 30.05.12 in Brüssel

Nachfolgend die Stellungnahme des CGB Vertreters im CESI Berufsrat Justiz zur Privatisierung der Justizvollzugsanstalten und Auslagerung von Tätigkeiten:

Zunächst gibt es verfassungsrechtliche, europarechtliche und völkerrechtliche Probleme bei der Privatisierung durch Auslagerungen im Justizbereich, insbesondere mit Blick auf die Pri­vatisierung von Justizvollzugsanstalten. Tragender Grund für die Ablehnung der Privatisierung ist vor allem, dass das Gewaltmonopol beim Staat zu verbleiben hat. Dieses darf vom Staat nicht aus der Hand gegeben werden. Dies gebietet schon die Würde des Menschen, welche von der staatlichen Gewalt zu achten ist. Diese Regelung findet sich in allen Verfassungen der EU–Mitgliedstaaten, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Es geht also nicht um die Frage des „Wie“ einer Privatisierung, sondern „Ob“ eine Privatisierung überhaupt im Einklang mit nationalem Verfassungsrecht und dem Völkerrecht möglich ist. Mit der gewünschten Einsparung zur Entlastung des Haushaltes wird das nicht möglich sein. Die isolierte Betrachtung von Kernbereichen und Servicebereichen der Tätigkeiten der Justiz ist nicht möglich, weil beide Bereiche einen abgestimmten Ablauf im Justizbereich erfordern. Denn, belässt man den Kernbereich der Aufgaben beim Staat und privatisiert den Servicebereich, entstehen neue notwendige Überwachungsstrukturen, welche von staatlicher Seite zu leisten sind, so dass der erhoffte Einspareffekt ausbleibt.

Das Fazit ist: Bei rechtskonformer Auslegung unter Bezugnahme auf das nationale Verfassungsrecht sowie Europarecht und Völkerrecht wird eine Privatisierung und Auslagerung von Tätigkeiten der Justiz diesen Anforderungen nicht gerecht. Die erhofften Einsparungen durch die Privatisierung werden durch Überwachung und Sicherheitsleistungen durch staatliche Stellen gegenüber den privaten Erbringern zu Mehrausgaben führen, da zwangsläufig Doppelstrukturen der Beaufsichtigung geschaffen werden müssen.

Ein weiterer tragender Gesichtspunkt der CGB/GÖD Stellungnahme im Berufsrat Justiz waren die besonderen Anforderungen an die Beschäftigten. Da diese das Gewaltmonopol des Staates ausüben, sind an deren Auswahl, Ausbildung und Ausübung der Tätigkeit besondere Anforderungen zu stellen. Dies kann nur mit dienstrechtlichen Maßnahmen des öffentlichen Dienstes gewährleistet werden. Denn eine privat organisierte Erbringung von Leistungen der Justiz folgt zwangsläufig einem ökonomischen Prinzip der Gewinnmaximie­rung, welches sich auf die Arbeitsbeziehung der Beschäftigten und den Adressaten der Tätigkeit in diesem Bereich negativ auswirken wird.

Aber nicht nur die Justizvollzugsanstalten stehen in den EU Mitgliedsländern im Fokus der Privatisierung. Auch Tätigkeiten in den Bereichen der Zivilgerichtsbarkeit. Bereits jetzt schon wird im Bereich der Vollstreckungsgerichte und des Forderungseinzugs im Justizbereich nach Privatisierungsmöglichkeiten gesucht bzw. durch Teilprivatisierung umgesetzt. Auch in diesem Bereich der Justiz sind der Privatisierung aber Grenzen gesetzt. Denn hier besteht die Gefahr, dass die richterliche Unabhängigkeit untergraben wird. Hinzu kommt, dass inner­halb der Zivilgerichtsbarkeit und der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Bürgerinnen und Bürger mit Kosten zu beteiligen sind. Diese dürften sich durch eine Privatisierung erhöhen, weil auch hier durch das ökonomische Prinzip der Gewinnmaximierung die Kosten den Bürgerin­nen und Bürgern auferlegt werden. Dies kann dazu führen, dass durch hohe Kosten die Rechtsweggarantie der Bürgerinnen und Bürger erschwert wird.

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Quelle: CESI

Die vom CGB vorgebrachten Bedenken wurden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Arbeitstreffens in Brüssel geteilt. Aus den Berichten der Mitgliedsorganisationen wurde deutlich, dass in allen Mitgliedstaaten unter dem Druck des Haushaltsdefizits notwendige Investitionen im Bereich der Justiz ausbleiben, mit der Folge, dass z.B. Überbelegungen in Justizvollzugsanstalten, hohe Belastungen der Justiz und durch die Arbeitsverdichtung ent­standenen Überlastungen der Beschäftigten von den Verantwortlichen in den Mitgliedstaaten hingenommen werden.

Der CGB wird im CESI Berufsrat Justiz die Fortentwicklung im Justizbereich kritisch begleiten und zwar auch mit Blick auf das Mehrjahresprogramm der Europäischen Union für den Bereich Justiz und Inneres im Zusammenhang mit dem sog. Stockholmer Programm des Europäischen Rates. Ebenso wird der CGB die Aktivitäten der EU-Kommission im Rahmen seines Arbeitsprogramms 2012 in diesem Bereich beobachten und rechtzeitig die Bedenken seiner Mitgliedsgewerkschaften zur Auslagerung und Privatisierung vortragen. Wie berichtet gibt es gute Argumente, welche gegen die Auslagerung und Privatisierung von Tätigkeiten im Justizbereich sprechen, sodass wir diese an verantwortlicher Stelle in der EU-Kommission, dem EU-Parlament und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen im CESI Berufsrat Justiz in den EU-Mitgliedstaaten und den nationalen Parlamenten vorbringen werden.

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