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LKW-Fahrer noch Kapitän der Landstraße?

01.03.2011/Hannover: „LKW-Fahrer sind statt Kapitäne der Landstraße zum Sklaven der Wirtschaft geworden“, so der Bundesvorsitzender der Kraftfahrergewerkschaft (KFG) Willy Schnieders bei einem Liveinterview mit einem Radiosender. Die Wirtschaftsunternehmen sparen sich so tausende Arbeitsplätze auf Kosten der der beruflich tätigen Fahrer.

Besonders die großen Lebensmittelanbieter verlangen von den Fahrern aus dem Transport- und Speditionsgewerbe, dass diese in ihren Zentrallagern die gelieferte Ware selbständig entladen. Es wird dabei auch keine Rücksicht darauf genommen, ob der Fahrer gegen die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeit  verstößt. In einem Schreiben an die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen in Hamburg  hat der Bundesvorstand der Kraftfahrergewerkschaft um eine rechtsverbindliche Auskunft gebeten, ob der Fahrer bei einem Arbeitsunfall im fremden Lager auch abgesichert ist.

Dass, Tankzüge oder Schwertransporte nur von speziell  geschulten Berufskraftfahrern entladen werden können und dürfen, ist für die KFG eine Selbstverständlichkeit. Natürlich muss sich die Tätigkeit auf den Entladevorgang  und die Überwachung beschränken. Darüber hinausgehende Arbeiten werden kategorisch abgelehnt, weil sie im Verantwortungsbereich des Empfängers liegen.

Von den Transport- und Speditionsunternehmen wird immer mehr beklagt, dass es an Nachwuchs bei den angestellten Fahrern fehle. Immer weniger junge Frauen und Männer sind bereit, den Beruf eines Fahrers im Güterfern -oder Nahverkehr zu ergreifen. Noch immer werden in dieser Branche sehr niedrige Bruttolöhne bezahlt. Da der Großteil der Chauffeure in dem Glauben lebt, sie kämen auch ohne eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft aus, werden sie nicht ein Mal einen garantierten Tariflohn erhalten. 
 
Folge, viele ehemalige Fernfahrer haben teilweise Renten von unter 1000 EUR und einen qualitativ sehr geringen Lebensstandart. Das die im Transportwesen bezahlten Spesen sind nur ein kleiner Ausgleich zu den entstanden Kosten des täglichen Lebens und kein Bestandteil des Lohn. Von den Spesen werden auch keine Abgaben für die Töpfe der Renten- und Sozialkassen entrichtet. Viele Berufskraftfahrer  bereuen im Rentenalter ihre frühere Naivität, dass sie ja angeblich so hohe Spesen bekommen. Bevor junge Arbeitnehmerinnen und Arbeiter nach den jetzigen gesetzlichen Vorschriften ans Steuer eines LKW dürfen, kommen hohe finanzielle Ausgaben auf sie zu.  Schon der Erwerb einer gültigen Fahrerlaubnis kostet ca. 8000 €, die der Fahrer selbst tragen muss.

Nach und Nach werden Politik und Wirtschaft von den Versäumnissen früherer  Jahrzehnte eingeholt. Die Mächtigen der Wirtschaft und auch die Transportunternehmen beklagen öffentlich einen gravierenden Fahrermangel. Oft Teilweise unannehmbare Arbeitsbedingungen der früheren Jahre und auch noch in der jetzigen Zeit schrecken Menschen ab, den Beruf eins Kraftfahrers zu ergreifen.  Junge Familien müssen oft tagelang auf die Rückkehr des Ehemanns und Vater warten. Besonders in Fernfahrerfamilien kommt es zu vielen Trennungen und Scheidungen.

Ausreichenden  Schutz für  die gewerblichen Angestellten im Transportwesen vor Ausbeutung und Willkür durch die Arbeitgeber, den Disponenten und der verladenden Wirtschaft hat der Gesetzgeber bis zum heutigen Tag nicht geschaffen. Sollten LKW-Fahrer die Arbeit verweigern wenn diese in die gesetzliche Ruhezeit fällt, muss er mit der fristlosen Kündigung rechnen. Sollte er aber dem Verlangen des Chefs nachgeben und gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen,  hat er nach geltender Rechtsprechung die Strafe selbst zu übernehmen, wenn er von der Polizei oder der BAG erwischt wird. Wenn auch immer mehr Arbeitgeber von den Kontrollbehörden bei gravierenden Gesetzesverstößen selbst zur Verantwortung gezogen werden, ist noch immer nicht klar definiert, dass für die Fahrer voller Arbeitsrechtschutz greift, wenn sie die die Lenk- und Ruhezeiten einhalten, um sich nicht strafbar zu machen. Die KFG fordert eine zeitnahe Lösung dieser Gesetzeslücke.

Für die Kraftfahrergewerkschaft steht eindeutig fest, dass auf Dauer die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs nur gewährleistet wird, kann wenn es ständig Nachwuchs im Fahrerbereich gibt. Als Berufskraftfahrer kann nur tätig sein, wenn  er vorher eine dreijährige Ausbildung mitmacht und die Lehre mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreiche beendet hat. Das Bundessozialgericht in Kassel hat Ausbildungszeiten, die unter drei Jahren liegen, die Anerkennung verweigert. Trotz erfolgreicher  Prüfung sind solche Fahrer keine anerkannten Facharbeiter. Auch die Deutsche Rentenversicherung bewertet Ausbildungszeiten unter drei Jahren nur als Tätigkeit in einem angelernten Beruf.  Auch eine frühere dreijährige und abgeschlossene Lehre in einem ähnlichen Beruf hilft hier nicht zu einer Anerkennung. Die fehlende Bestätigung bringt viele Nachteile sowohl bei der späteren Rente als auch bei beruflichen und medizinischen Heilbehandlungen bzw. einer Reha-Maßnahme. 

Die Kraftfahrergewerkschaft (KFG) fordert eine deutlich höhere Bruttoentlohnung ihrer Kolleginnen und Kollegen. Damit wird auch eine höhere Rente gesichert. Auch die Arbeitsbedingungen müssen deutlichen verbessert werden. Fahraufträge müssen so disponiert werden, dass keine Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten mehr notwendig werden. Das Berufsbild des Kraftfahrers muss so verbessert werden, dass die Anerkennung in der Gesellschaft deutlich gesteigert wird. Dazu müssen sowohl die Verantwortlichen in der Politik und in den Verbänden den längst fälligen Beitrag liefern.

Die Kraftfahrergewerkschaft ist überzeugt, dass es bald wieder den Kapitän der Landstraße geben wird, wenn ihre Forderungen umgesetzt werden. Dazu will die KFG ihren fachlichen Beitrag liefern.

Willy Schnieders, Bundesvorsitzender der Kraftfahrergewerkschaft (KFG)

 

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