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Leiharbeitnehmer mit Anbindung an Tarifverträge der Christlichen Gewerkschaft

Gastbeitrag von Wolfgang Kurz,
Vorsitzender der Contterm – Fachgewerkschaft Deutscher Seehäfen Leiharbeitnehmer mit Anbindung an Tarifverträge der Christlichen Gewerkschaft
Mangelnde Tariffähigkeit ? Nachforderungen der Leiharbeitnehmer?

In vielen Medien wird zurzeit aufgeregt prophezeit, dass vielen Zeitarbeitsfirmen die „Pleite“ droht, weil die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nach einem Urteil des BAG vom 14,12.2010-1 ABR 19/10 – unwirksam sind.

Unberechtigte Schadenfreude von großen DGB Gewerkschaften

DGB-Chef Sommer artikulierte in der Süddeutschen Zeitung vom 15.12.2010: „Es ist ein deutliches Signal gegen Gefälligkeitsvereinbarungen.“

In derartigen Äußerungen schwingt auch eine gewisse Schadenfreude mit, weil die Gegner der Christlichen Gewerkschaften schon immer gegen die von dieser Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge gewettert haben. So auch die Gewerkschaft ver.di, die ebenso wie viele andere große Gewerkschaften die kleineren Gewerkschaften verdrängen wollen. Dies hängt mit der wirtschaftlichen Führung von Gewerkschaften ab, die auch nicht viel anders als die Unternehmen am Markt arbeiten.

Der Mitgliedsbeitrag bei einer Gewerkschaft beträgt immerhin in der Regel 1 % des Brutto-Monatslohns. Im Durchschnitt verdient ein Industriearbeiter etwa 3300.- Euro. Hochgerechnet auf 12 Kalendermonate mal der Anzahl der Mitglieder lässt diese Ergebnis den Kapitalismus auch auf dieser Ebene erahnen. Dies ist normal, gerät aber in der Scheinheiligkeit, nur für das Wohl der Arbeitnehmer zu sorgen, zu leicht in den Hintergrund. Wegen dieser unliebsamen Konkurrenz einer kleineren Gewerkschaft streiten die großen mit den kleinen Gewerkschaften gleichsam mit den Ellbogen. Daher sind große Gewerkschaften des DGB auch sehr schnell mit dem Scheinargument auf der Bühne, dass die Leiharbeitnehmer, die sich diesen Tarifverträgen der kleineren Gewerkschaften unterworfen haben, sich durch Dumping-Löhne ausquetschen ließen. Daher müsse der Gesetzgeber ein Machtwort (um die Unfähigkeit der ver.di und ihrer eigenen nachverhandelten Tarife) reden und dafür sorgen, dass nur noch die Tarifverträge der traditionellen großen DGB Gewerkschaften im Betrieb gelten. Im Übrigen seien die großen Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB viel christlicher mit ihren satten Löhnen. Die Arbeitgeber, die an die Wirksamkeit der angefochtenen Tarifverträge geglaubt hätten, müssten sich jetzt auf Nachforderungen der Leiharbeitnehmer einstellen, die wegen der Unwirksamkeit der Tarifverträge nunmehr verlangten, den Stammarbeitnehmern des Entleihers in allen Arbeitsbedingungen gleichgestellt zu werden (equal pay-equal treatment).

Scheinheiligkeit einzelner Gewerkschaften

Dieses Verhalten des DGB und ver.di passt in das Bild von Treibereien interessierter Gruppen gegen die Leiharbeit und gegen „Dumpinglöhne“ mit dem Ruf zur Einführung von Mindestlöhnen. Eben die Gewerkschaft ver.di hatte zur Erhaltung des Postmonopols mit dem Arbeitgeberverband der Post einen Phantomtarifvertrag abgeschlossen und hieran die sonst nicht respektierte christliche Gewerkschaft beteiligt. Hierfür war die Christliche Gewerkschaft für ver.di gut genug, um mit dem Phantom-Tarifvertrag die Wettbewerber durch angeblich angemessene Mindestlöhne vom Markt zu verdrängen und Tausende von Arbeitsplätzen zu vernichten. Der Hintergrund ist sichtbar. Nicht umsonst hat sich innerhalb von ver.di eine Gewerkschaft von Entrechteten mit Dumpinglöhnen gegen die eigene Gewerkschaft gebildet. Wie auch die Contterm! In schlechter Erinnerung ist auch noch das Bild der in Gewerkschaftshänden befindlichen Immobiliengesellschaft Neue Heimat oder der gewerkschaftlich geführte Einzelhandel, bei dem die Mieter oder die Mitarbeiter kapitalistisch ausgenommen worden sind. Oder der Bericht im Stern im vergangenen Jahr über die IGM.

Mahnung der Präsidentin des BAG an die Polemiker

Daher hat die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichtes, Frau Schmidt warnend vor dem Ausspruch des Urteils die Hand gehoben und sinngemäß gesagt, dass es im Fall der Christlichen nicht um die in der Öffentlichkeit auftretende Polemik gegen Leiharbeit gehe und auch nicht auf die Frage ankomme, welche Gewerkschaft die besseren Tarifverträge abgeschlossen habe.

Nicht niedrige Löhne, sondern ungewollter Verstoß gegen das Tarifvertragsgesetz

Die Präsidentin hat zum rechtlichen Hintergrund folgendes sinngemäß ausgeführt: Vielmehr gehe es um eine rein tarifrechtliche Frage, ob und inwieweit eine Spitzenorganisation von Gewerkschaften Tarifverträge abschließen darf. Spitzenorganisationen sind beispielsweise auch der DGB, der bisher – soweit ersichtlich- selbst keine Tarifverträge abgeschlossen hat. In der bisherigen tarifpolitischen Übung hat es zwar bereits Tarifgemeinschaften in Form von Zusammenschlüssen von Gewerkschaften gegeben, aber noch keine als Spitzenorganisation von Gewerkschaften gegründete Tarifgemeinschaft, wie im entschiedenen Fall der Tarifgemeinschaft CGZP. Das BAG hat über die tarifrechtliche Frage der Zuständigkeit einer gewerkschaftlichen Spitzenorganisation im Sinne des § 2 Absatz 3 Tarifvertragsgesetz jetzt erstmals entscheiden müssen und dabei „Neuland“ betreten.

Sozialer Friede sei auch unter den Gewerkschaften!!!!

Was also soll die Häme mancher Talker und Schreiber? Wichtig ist der soziale Frieden in Deutschland und in Europa, nicht nur zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern auch im Verhältnis der Gewerkschaften zueinander. Denn sonst packt Deutschland nicht die Probleme aus der europäischen Währung und aus dem Erstarken von Asien. Die Aufgabe des Prinzips der Tarifeinheit durch das BAG war ein Schlag ins Gesicht der großen Gewerkschaften. Das Prinzip war vor der neuen Rechtsprechung des BAG ein Segen für die großen und eine Existenzfrage für die kleinen Gewerkschaften. Die Entscheidung bedeutet eine Stärkung der Gewerkschaften und der Gewerkschaftsvielfalt in Deutschland. Das Bundesarbeitsgericht bringt zum Ausdruck, dass jede Gewerkschaft, egal ob sie ganze Belegschaften oder nur einzelne Beschäftigtengruppen organisiert, in jedem Fall autonome Tarifverhandlungen mit Arbeitgebern führen kann. Das ergibt sich zwangsläufig aus Art. 9 Abs. 3 GG. Denn dieser ermöglicht jedweder Art von Arbeitnehmerkoalitionen die Interessenvertretung von Beschäftigten. Das BAG bestätigt damit auch, dass die Idee der Einheitsgewerkschaft zu Recht gescheitert ist. Einheitsgewerkschaft bedeutet in diesem Sinne, dass nur eine Gewerkschaft im Betrieb oder in einer Branche die Interessen der Beschäftigten vertreten darf. Diesen Anspruch erheben bis heute völlig zu Unrecht die Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund. Das BAG stärkt mit seiner Entscheidung die Handlungsspielräume der Gewerkschaften, die einen solchen Alleinvertretungsanspruch konsequent ablehnen, wie beispielsweise die Gewerkschaften im CGB. Zu beachten ist auch, dass die zweitgrößte Dachorganisation des CGB unter sich viele Einzelgewerkschaften versammelt. Die jetzige Entscheidung des BAG erfasst ausschließlich die fehlende Tarifzuständigkeit der als Spitzenorganisation gegründeten Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenuturen (CGZP), nicht aber andere christliche Einzelgewerkschaften. Das Bundesarbeitsgericht hat vor einiger Zeit auch die christliche Gewerkschaft Metall als tariffähig anerkannt, als die IG Metall auf dem Gerichtsweg ihr die Tariffähigkeit (nicht etwa aus Gründen der Konkurrenz - ein Schelm der böses dabei denkt?) absprechen lassen wollte. Tarifkonkurrenz kann nur dort entstehen, wo Arbeitgeber gleichzeitig mit mehreren Gewerkschaften Tarifverträge abschließen, die unterschiedliche Inhalte für ein und dasselbe Beschäftigungsverhältnis haben. Das tritt nur in absoluten Ausnahmefällen ein. Es liegt ja in der Hand des Arbeitgebers, sich nur auf eine der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften zu Tarifverhandlungen einzulassen. Aufgrund der allgemeinen, geringen, gewerkschaftlichen Organisationsgrade werden Andere kaum in der Lage sein, Tarifabschlüsse mit anderem Regelungsinhalt zu erzwingen. Die Sorge der Politik und mancher Arbeitgebervertreter, dass nun Berufsgewerkschaften Betriebe in einen permanenten Streikzustand versetzen, kann die Contterm nachvollziehen, aber sie lässt sich durch eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes nicht beheben. „Beheben kann man diesen Zustand nur dadurch, dass die verschiedenen Gewerkschaften im Betrieb gemeinsam nach Lösungen für die Belegschaften suchen. Das ist überall dort möglich, wo die Arroganz der Gewerkschaften im DGB zum Wohle der Beschäftigten zurückgestellt wird. Diese müssen eben ihren Alleinvertretungsanspruch aufgeben und für bestimmte Berufsgruppen die Verhandlungsführung mit anderen Gewerkschaften teilen.

Vergleich der Tarifnormen des CGB mit anderen

Übrigens sind die Tarifnormen der Tarifverträge der christlichen Gewerkschaften zum großen Teil ebenbürtig. Maßgebend ist das Tarifpaket insgesamt. Im Übrigen wird es kaum zubedeutenden Ansprüchen von Leiharbeitnehmern kommen. Die Engelte der Tarifverträge der DGB Gewerkschaften über Leiharbeit unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Christlichen Gewerkschaften. Inzwischen gibt es in vielen Bereichen Tarifnormen in den Tarifverträgen der Christlichen Gewerkschaften, die zu Gunsten der Arbeitnehmer die Tarifnormen der DGB Gewerkschaften sogar übertreffen. Zudem schließen seit dem Jahr 2010 die in der Zeitarbeit tätigen christlichen Gewerkschaften die betreffenden Zeitarbeit-Tarifverträge im eigenen Namen als Einzelgewerkschaft ab.

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