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103 Auszubildende beim Berufswettkampf der DHV Kaufmannsjugend

Am 17. Februar fand in Bremen der Testlauf des neu konzipierten Berufswettkampf der Kaufmannsjugend statt. 103 Auszubildende aus 69 Ausbildungsbetrieben waren dem Aufruf der DHV zum freiwilligen Leistungstest gefolgt, darunter 59 Auszubildende mit Wohnsitz in Niedersachsen. Die niedersächsischen Teilnehmer nahmen dabei zum Teil
Anfahrtswege von über 60 km in Kauf, um sich durch die Teilnahme am Berufswettkampf einen Überblick zu verschaffen, wie ihr Ausbildungsstand ist und wo Wissenslücken bestehen, die es rechtzeitig vor der Zwischen- bzw. Abschlussprüfung zu schließen gilt. Die DHV sieht hierin einen deutlichen Beleg für die Mobilität und Leistungsbereitschaft des kaufmännischen Nachwuchses – Tugenden, die von vielen Betrieben immer wieder angemahnt werden.

Der Berufswettkampf wurde erstmalig 1921 durchgeführt. Er steht traditionell unter dem Motto „Aufstieg durch Leistung“. Die Schirmherrschaft in Bremen hat seit vielen Jahren der Präsident der Bremischen Bürgerschaft Christian Weber, der zu einem späteren Zeitpunkt auch die Wettkampfsieger ehren wird. Die DHV hat den Berufswettkampf zum Anlass genommen, um öffentlich an die Bedeutung der dualen Berufsausbildung für die Sicherung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft zu erinnern. Sie verweist auf eine aktuelle Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), nach der 56 Prozent der Betriebe im Fachkräftemangel das größte Geschäftsrisiko sehen.

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Als rohstoffarmes Land ist Deutschland auf sein Humankapital angewiesen. Ausreichende Investitionen ins Bildungssystem sind daher zwingend geboten. Tatsächlich liegen die Bildungsausgaben in Deutschland mit 4,3 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts unter dem OECD-Schnitt von 5,2 Prozent. Dass die Bildungsausgaben in Deutschland nicht ausreichen, ist vielerorts offensichtlich: Unterrichtsausfall aufgrund von Lehrermangel; marode und schlecht ausgestattete Schulen. Allein der Stadtstaat Bremen beziffert den Investitionsstau bei Schulen auf 675 Millionen Euro. In den öffentlichen Debatten über Unterrichtsversorgung, Lehr- und Lernmittelausstattung und Schulraumsanierung stehen in der Regel die Grundschulen und Gymnasien im Fokus, während die Probleme der Berufsschulen kaum öffentliche Beachtung finden. Für die DHV ist diese Vernachlässigung der Berufsschulen seit langem ein Ärgernis, das bereits mehrfach aufgegriffen und kritisiert wurde. Wie berechtigt die gewerkschaftliche Kritik der DHV ist, belegen auch Umfragen der Arbeitgeber und behördliche Daten. So bemängelten bei einer Befragung von 389 ausbildenden Betrieben in Bremen 40 Prozent häufige Unterrichtsausfälle an den Berufsschulen und fast 70 Prozent deren nicht zeitgemäße und sachgerechte Ausstattung. Auch in Niedersachsen kritisieren die Betriebe die unzureichende Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen. Nach Zahlen des niedersächsischen Kultusministeriums wurde 2016 in den Berufsschulen des Landes lediglich 88,1 Prozent des vor-gesehenen Unterrichts erteilt, während bei den Gymnasien eine Versorgung von 99,8 Prozent erzielt wurde.

Wer etwas gegen den Fachkräftemangel tun will, darf daher die berufliche Bildung nicht länger vernachlässigen. Es reicht nicht aus, dass duale System in Sonntagsreden als beispielhaft zu glorifizieren, in der Praxis jedoch zweitklassig zu behandeln. Das beginnt bei der Berufsorientierung. Der politisch geförderte Trend zur Akademisierung als Folge der regelmäßigen Kritik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an der im internationalen Vergleich zu geringen Akademikerquote in Deutschland muss gestoppt werden. Für die von der OECD befürchteten negativen Folgen der vergleichsweise niedrigen Akademikerquote für die deutsche Wirtschaft gibt es keine Anhaltspunkte. Deutschland ist das wirtschaftlich stärkste Land in Europa und der Übergang von der Schule ins Arbeitsleben verläuft gerade hier bemerkenswert reibungslos. Fakt ist, dass ein Hochschulabschluss längst nicht mehr ein Garant für einen sicheren Arbeitsplatz und ein hohes Einkommen ist. Zwar ist die Akademikerarbeitslosigkeit vergleichsweise gering, aber viele Akademiker müssen sich mit Arbeitsplätzen zufriedengeben, die nicht ihrem Studienabschluss entsprechen. Hinzu kommt die hohe Zahl von Studienabbrechern, die die Hochschulen ohne Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschluss verlässt. Auch Abiturienten muss deshalb
deutlich gemacht werden, dass es sich lohnt, eine duale Ausbildung als ernst-hafte Alternative zum Studium in Betracht zu ziehen. Dies wird umso leichter fallen, je größer die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung durch sinnvolle Verknüpfungen und transparente Anrechnungsverfahren gestaltet wird. Nicht umsonst erfreuen sich duale Studiengänge, die neben den Bachelor auch einen IHK-Abschluss vermitteln, bei den Abiturienten zunehmender Beliebtheit.

Damit die duale Ausbildung allgemein wieder größeres Interesse bei den Schulabgängern findet, muss sie insgesamt attraktiver werden und mehr Wertschätzung erfahren. Hier ist insbesondere die Wirtschaft selbst gefordert. Wie glaubwürdig sind Betriebe, die Fachkräftemangel beklagen, aber selbst nicht bereit sind, auszubilden? Und wie sollen Schüler zur Aufnahme einer Ausbildung in Berufen motiviert werden, deren Arbeitsbedingungen und Bezahlung unattraktiv sind oder in keinem adäquaten Verhältnis zu den gestellten Anforderungen stehen? Auch die Berufsschulen sollten die Wertschätzung sichtbar machen, die der dualen Ausbildung beigemessen wird. Welcher Schüler entscheidet sich freiwillig für einen Beruf, der an einer maroden Berufsschule beschult wird, die den Eindruck erweckt, dass sie ihren Part der Ausbildung nicht erfüllen kann?

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Gedruckt am 28.03.2024 18:48.